© Maria Nasswetter

© Maria Nasswetter

Das Tastentelefon – eine Rückschau

Es existiert gerade noch - das Tastentelefon - aber es wird zu einer seltenen Spezies. Ein bisschen schäbig (im Bild) mutet dieses vereinsamte Gerät an und wird wohl kaum mehr in Verwendung geraten. Dennoch gibt es sie da und dort und ist für jene Menschen da, die über kein mobiles Telefon verfügen, es vergessen haben oder bewusst nicht besitzen. Was es (nostalgisches) über das klassische Tastentelefon zu sagen gibt, wird im folgenden Artikel Thema sein.

Wie alles begann...

Wer erinnert sich noch an das Vierteltelefon? Bei diesem Wort erzeugt man bei den meisten jüngeren Menschen einen fragenden Blick und Unverständnis. Das Vierteltelefon gab es bevor das Fernsprechnetz, so hieß es damals, als ganzer Anschluss in den Haushalten Einzug hielt. Man musste sich tatsächlich mit zwei, drei oder vier anderen Parteien in einem Haus oder am Land mit den Nachbarn den Anschluss teilen. Fast 40% aller Anschlüsse im Österreich waren Vierteltelefone. Heute absolut unvorstellbar, dass man erst telefonieren konnte, wenn keiner der drei anderen Telefonpartner in der Leitung hing. Es galt das Fair-Use Prinzip, das lag bei nur 30 Minuten Telefonieren pro Monat. Doch nachdem telefonieren immer billiger wurde, hielten sich viele einfach nicht an diese Grenze. Das löste zeitweise regelrechte Wutanfälle bei denjenigen aus, die unzählige Male vergeblich versuchten durchzukommen. Man drückte den Knopf am Telefon, doch nichts passierte, es gab kein Freizeichen. Da gab es (vermeintliche) Tricks, wie man den anderen aus der Leitung bugsieren konnte. Ob das tatsächlich möglich war, oder der andere einfach sein Telefonat beendet hatte sei dahingestellt.

Noch einen Schritt weiter zurück...

Es gibt eine nette Erzählung der Frau des Schriftstellers Karl Zuckmayer. Das Ehepaar musste vor den Nationalsozialisten fliehen und konnte in Vermont, einem amerikanischen Bundesstaat, halbwegs Fuß fassen. Unter schwierigen Umständen richteten sie sich in der wunderschönen und sehr rauen Landschaft ihr Leben ein. Während dieser Zeit wurde dort eine Telefonleitung gebaut. Es handelt sich hier um die 1940er Jahre. Herdan-Zuckmayer erzählt in dieser Autobiografie "Die Farm in den grünen Bergen" wie das damals von Statten ging. Man hatte eine gemeinschaftliche Telefonleitung. Das hieß, dass jeder der wollte bei jedem Telefonat mithören konnte. Man hörte aus Anstand nicht zu, außer einer älteren Dame, die nicht nur selbst offensichtlich zuhörte, sondern sich zudem ungeniert in die Gespräche anderer einmischte. Ungeheuerlich könnte man meinen oder es mit einem Schmunzeln versehen und hinnehmen. Man musste sich um eine gute Nachbarschaft bemühen, gerade in schwierigen Zeiten.

Noch eine Geschichte zum Thema öffentlicher Telefonzellen

Man hat vor vielen Jahren eine Untersuchung gestartet und wollte wissen, wie sehr erfreuliche Ereignisse zu mehr weitergegebener Freundlichkeiten beitragen würde. Dazu instruierte man Versuchspersonen, dass diese vor einer Telefonzelle etwas fallen lassen sollten. Also die Einkaufstasche platzte auf und ähnliches. Hat der Mensch in der Telefonzelle nun ein - dort mit Absicht im Rückgabefach platziertes Geldstück - entdeckt und mitgenommen, half er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit der Person vor der Telefonzelle, dem ein Missgeschick passierte. Man muss dazu sagen, dass man dabei annahm, dass so gut wie jeder - fast automatisch - nachschaute, ob sich eine Münze in eben beschriebenem Fach befände. Man konnte beobachten, dass bei der Vergleichsgruppe, bei der die Person in der Telefonzelle keine Münze im Rückgabefach vorfand, diese viel seltener gewillt war, jener Person auf der Straße beim Tascheneinräumen zu helfen. Also hat die gute alte Telefonzelle ein Stück auch weit zur Sozialforschung beigetragen und Interessantes zum Vorschein gebracht.

Und wieder ins Jetzt

Wir werden öffentliche Telefonzellen vermutlich bald nicht mehr in der jetzigen existierenden Form sehen. Sie werden sukzessive abmontiert und kaputte Geräte kaum noch gewartet. Den meisten Menschen werden sie nicht abgehen. Einige wenige andere werden sie vielleicht vermissen. So ist der Lauf der Dinge.