Dr. Sabine Scherzer zu Herz-Kreislauf im Alltag
Wie stärkt man das Herz-Kreislauf-System im Alltag?
Für ein gesundes Herz-Kreislauf-System sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Ausdauertraining sollte je nach Intensität in einem Umfang von insgesamt 75-150min pro Woche durchgeführt werden. Dieser Trainingsumfang kann auf 3-4 Einheiten pro Woche aufgeteilt werden. Die Wahl der Ausdauersportart obliegt zu einem großen Anteil der persönlichen Präferenz, gut geeignet sind vor allem Laufen, Nordic Walking, Radfahren, Wandern und Schwimmen. Um den Muskelaufbau zu fördern und den Bewegungsapparat zu entlasten, sollte 2x pro Woche muskelkräftigende Übungen durchgeführt werden. Nicht zuletzt spielen auch Alltagsaktivitäten wie Gartenarbeit, Fußwege und Stiegen steigen eine wertvolle, ergänzende Rolle.
Wie lässt sich auch bei Schul- bzw. Arbeitsstress auf einen gesunden Körper achten? Tipps für jede Altersgruppe.
Im Prinzip ist Bewegung das beste Mittel gegen zu viel und zu belastenden Stress. Ausdauertraining hilft das innerliche Stressniveau zu senken. Durch die körperliche Aktivität kommt es zu einer gesteigerten Ausschüttung von Glückshormonen wie z.B. Endorphinen, Dopamin und Serotonin, wodurch ein Wohlgefühl wiederhergestellt wird. Auch Entspannungstechniken wie z.B. autogenes Training, Yoga, Meditation und vieles mehr helfen die Ruhe in sich selbst wieder zu finden. Ein weiterer wesentlicher Faktor ist es, sich im Privatleben nicht selbst durch einen zu straffen Terminkalender unter Druck zu setzen, sondern die Zeit mit Familie und Freunden entspannt zu genießen.
Welche Rolle spielt Ernährung in diesem Zusammenhang?
Eine ausgewogene, wertvolle und regelmäßige Ernährung unterstützt den Körper in der optimalen Bereitstellung von Energieressourcen. Der Schwerpunkt hierbei sollte auf die Verwendung natürlicher Lebensmittel gelegt werden. Um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, hat sich besonders die mediterrane Kost als günstig erwiesen. Diese zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Ballaststoffen in Gemüse, Obst und Hülsenfrüchten, sowie hochwertige Protein- und Fettquellen aus. Als sehr vorteilhaft haben sich hierbei einfach ungesättigte Fettsäuren erwiesen, die zB. in Olivenöl, Avocados und vor allem in den sogenannten Omega-3-Fettsäuren enthalten sind. Diese wertvollen Fettsäuren sind in hohem Maße in fetten Fischsorten wie Lachs oder Makrele, sowie in den verschiedensten Samen und Nüssen (Chiasamen, Leinsamen, Walnüsse) enthalten.
Stichwort Rehabilitation
Reha step by step: Was muss nach einer Herzerkrankung (Herzinfarkt) beachtet werden?
Nach einem sogenannten stattgehabten Herzinfarkt gibt es drei Phasen der Rehabilitation, die Patientinnen und Patienten durchlaufen sollten. Die erste Phase ist die Akutrehabilitation, die noch während des stationären Aufenthaltes direkt nach dem Herzinfarkt beginnt. Die zweite Phase ist der stationäre Rehabilitationsaufenthalt in einem auf das Herz-Kreislauf-System spezialisiertem Zentrum. Die dritte Phase erfolgt durch niedergelassene Internisten/Kardiologen und Allgemeinmediziner, die Patientinnen und Patienten regelmäßig kontrollieren und begleiten.
Welche Rehabilitationsschritte sind nötig? Wie viel Zeit braucht das? Welche Heilverfahren sind sinnvoll?
Alle drei Phasen der Rehabilitation sind notwendig um in ein möglichst normales Leben zurückkehren zu können und dieses auch beibehalten zu können. Sicherlich ist der stationäre Rehabilitationsaufenthalt mit durchschnittlich ungefähr vier Wochen der längste und intensivste. Hier steht die Erlernung der Life-Style-Modifikation im Mittelpunkt. Dazu gehört ein kontrolliertes Kraft- und Bewegungstraining sowie die Reduktion der Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Zuckerkrankheit, erhöhte Cholesterin- und Triglyzeridwerte und Bluthochdruck. Darüber hinaus wird auch ein großes Augenmerk auf psychologische Betreuung und Erlernung sowie Verbesserung des Stressmanagements gelegt.
Voll im Leben trotz Krankheit/Herzschwäche
Wo müssen Abstriche gemacht werden?
Es sollte nur darauf geachtete werden, dass es weder im Privat- noch im Berufsleben zu einer körperlichen oder seelischen Überanstrengung oder Überbelastung kommt. Diese äußert sich durch das Auftreten typischer Herzbeschwerden wie Angina Pectoris (Druck auf der Brust), Dyspnoe (Atemnot), Synkope (Ohnmacht)/Schwindel, Tachykardie (Herzrasen) oder Palpitationen (Herzstolpern), aber auch durch Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Wesentlich ist es diese Warnzeichen selbst wahrzunehmen und darauf adäquat mit umgehender Entlastung durch Reduktion der auslösenden Faktoren zu reagieren.
Wie kann man sein Leben trotz Herzschwäche wieder selbstbestimmt leben?
Prinzipiell können die meisten Patientinnen und Patienten unter Beibehaltung der regelmäßigen Einnahme, der bei Herzschwäche empfohlenen optimalen Medikamente, gesunder Ernährung und Lebensführung mit regelmäßigem Kraft- und Ausdauertrainings ein normales Leben führen. Das heißt sie können im Berufsleben einer an das Ausmaß der Herzschwäche angemessenen Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Auch Sexualität, Autofahren und Reisen können im der Erkrankung entsprechenden Rahmen weiterhin gelebt werden.
Welche Risiken gibt es?
Die Risiken für ein erneutes Auftreten eines Herzinfarktes oder des Voranschreitens der Herzschwäche bestehen sicherlich darin, wenn nicht auf die absolute Vermeidung der Risikofaktoren geachtet wird. Dazu zählen Bluthochdruck, Rauchen, hohe Cholesterin- und Triglyzeridwerte, erhöhte Blutzuckerwerte oder schlecht eingestellter Diabetes Mellitus, Übergewicht und körperliche Inaktivität.
Dr. Sabine Scherzer ist Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie und Mitgründerin des Ärztezentrums HEALTH FOR LIFE. Ihre Schwerpunkte liegen in den Fachgebieten Bluthochdruck (Hypertonie), angeborene und erworbene Herzklappenerkrankungen, koronare Herzkrankheit (KHK, Durchblutungsstörung des Herzens), Herzinfarkt (Myokardinfarkt), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzultraschall (Echokardiographie), Fahrradbelastungstest (Ergometrie), Vorsorge-Untersuchungen (Prävention von Herzkrankheiten) und Nachsorge und medizinische Begleitung nach erfolgten Herzoperationen, Herzinfarkt und bei Herzschwäche.