INTERVIEW

Dr. Müllner

Prim. Univ. Doz. Dr. Thomas Müllner, PhD           

Facharzt für Unfallchirurgie, Orthopädie und orthopädische Chirurgie    www.myhip.at

Gründer der SPORTSCLINIC-VIENNA und der SPORTSCLINIC-TULLN     www.knieweh.at

Vorstand der Abteilungen für Orthopädie und Traumatologie des Evangelischen Krankenhauses in Wien

Wie war Ihr Weg in die Orthopädie?

Da ich selbst schon immer sportbegeistert war habe ich mich nach meinem Medizinstudium und einer Facharztausbildung für Unfallchirurgie schon bald dem Schwerpunkt Prävention von Sportverletzungen zugewandt. Eine Spezialausbildung für Sporttraumatologie und arthroskopische Chirurgie folgten. Somit war mein Weg in die Sportmedizin vorgezeichnet. Eine Reihe von österreichischen Verbänden wie der NÖ Tennisverband oder der NÖ Landesskiverband sowie diverse Fußballvereine haben mich damals mit der Betreuung Ihrer Sportler betraut. 

Wo sehen Sie die besondere Herausforderung der Sportmedizin?

Es ist die spezielle Konstellation aus hoher Belastung und hohem wiederholten Verletzungsrisiko der Sportler. Einerseits sollen Verletzungen vermieden werden, andererseits ist nach einer Verletzung die rasche Rückkehr zum ursprünglichen Leistungsniveau gefordert. Aus diesem Grund ist mir das Präventionstraining ein großes Anliegen. Liegen bereits Verletzung vor, wird in der Nachbehandlung und physikalischen Therapie das Präventionstraining eingebaut, um zukünftige Verletzungen zu vermeiden. 

Wie und wo wirken Sie heute?

2001 habe ich die SPORTSCLINIC-VIENNA und der SPORTSCLINIC-TULLN gegründet. Durch die Kooperation mit Röntgen- oder MRT Instituten ist es möglich, Verletzungen innerhalb weniger Stunden komplett abzuklären und somit rasch eine optimale Therapie einzuleiten. Mit im Team sind Physiotherapeuten, Masseure, Sportwissenschaftler und Kollegen. Die offene Kommunikation untereinander und bekannte Therapiepläne beschleunigen die Wiederherstellung nach Verletzungen oder Operationen maßgeblich.

Seit 1.9.2013 bin ich Vorstand der Abteilungen Orthopädie und Traumatologie im Evangelischen Krankenhaus in Wien und folge Prof. Pflüger nach, der wesentlich für den Aufbau der orthopädischen Abteilung verantwortlich war. Die herausragenden Ergebnisse z.B. in der minimalinvasiven Hüft- und Knieendoprothetik trugen wesentlich zur nationalen und internationalen Bekanntheit bei.

Wir berichten über das Thema „Rückenschule“, was raten Sie bei Rückenproblemen?

Die Ursachen für Rückenschmerzen können vielfältig sein, ebenso die Art der Beschwerden. Häufig ist der Grund für unspezifische Rückenschmerzen auch nicht klar auszumachen. Abzuklären ist, ob Fehlstellungen oder altersbedingte Degenerationen vorliegen bzw. ob außergewöhnliche Belastungen den Istzustand und die Schmerzen verursachen. Erst dann kann ein entsprechender Therapieplan erstellt werden. Manualtherapheutische Behandlungen können helfen, bei Instabilität der Wirbelsäule oder Bandscheibenvorfall muss man über weitreichendere Maßnahmen nachdenken. In jedem Fall ist eine konsequente physikalische Therapie notwendig.

Um es erst gar nicht zu massiven Problemen mit dem Rücken kommen zu lassen bzw. bestehende Beschwerden zu lindern bietet die Rückenschule wie z.B. die „Gonsenheimer Rückenschule“ hilfreiche Übungen an, die richtig und regelmäßig ausgeführt, die Muskulatur stärken. Die Übungen sollten aber mit dem behandelnden Arzt oder einem Physiotherapeuten abgesprochen werden.

Mehr dazu finden Sie unter Tipps & Tools

Facharzt aufsuchen

Liegen allerdings schwerwiegende Symptome wie Muskelschwäche, Lähmungen oder Harn- bzw. Stuhlverlust vor, so sind diese unbedingt abzuklären. Auch bei Gefühlsstörungen wie Taubheit ist eine fachärztliche Abklärung notwendig. Taubheit in den Händen beruht meist auf einem Problem mit der Halswirbelsäule, der Grund für Taubheit in den Beinen liegt zumeist  im Lendenwirbelbereich. Bei derartigen Problemen nicht warten sondern rasch einen Facharzt aufsuchen.

Wohlfühltipp: „Aktives Sitzen“ für weniger Rückenprobleme

Das Sitzen auf einer instabilen Unterlage z.B. einem mit Luft gefüllten Sitzkissen ist anzuraten. Es zwingt uns eine gute Haltung beim Sitzen einzunehmen. Eine aufrechte Wirbelsäulen schonenden Haltung, die gleichzeitig die Rückenmuskulatur trainiert.

Alle 10 Minuten die Sitzhaltung zu verändern. So kommt man erst gar nicht ins Lümmeln. Auf keinen Fall mit gekrümmter Wirbelsäule und vorgestrecktem Kinn sitzen, das belastet den Halswirbelbereich enorm.

Letzte Frage, was ist Ihrer Ansicht nach der Schlüssel zu einem aktiven, und aus orthopädischer Sicht, Beschwerde freien Alter?

Sicherlich ist Bewegung der Schlüssel. Bewegung, dem Alter entsprechend und gelenkschonend, wirkt sich immer positiv aus. Sowohl auf die altersspezifische Fitness als auch auf das Wohlbefinden im Allgemeinen, das ist wissenschaftlich bewiesen. Für Bewegung ist es auch nie zu spät. Auch wenn man längere Zeit nicht mehr sportlich aktiv war, sollte man unbedingt wieder damit beginnen. Durch regelmäßige Bewegung kann man in jedem Alter seine körperliche Leistungsfähigkeit noch verbessern. Beweisen ist, ein trainierter 70-jähriger kann so fit sein wie ein untrainierter 26-jähriger.

Schon dreißig Minuten körperliche Aktivität täglich helfen, Beschwerden bei Arteriosklerose, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Übergewicht und Herzrhythmusstörungen nachhaltig zu mindern. Es gibt auch Studien, die belegen, dass Bewegung selbst bei Krebspatienten das Leben verlängert und die Wahrscheinlichkeit von Rückfällen verringert. In manchen Fällen wirkt körperliche Aktivität sogar besser als teure Tabletten und Hightech-Medizin.