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Über menschliche Nähe

Sobald Kinder ein paar Jahre alt sind registrieren sie ihre Umwelt auf aktive Weise und damit ihre sozialen Kontakte. Sie gehen auf andere zu und treten auf verschiedene Art und Weise in Kontakt mit ihnen. Meist geschieht das in einer kooperativen Absicht. Natürlich hängt es davon ab, wie sie lernen, mit anderen umzugehen. Lernen tun sie zu allererst von den nächsten Bindungspersonen. Modelllernen, benennen dass die Psychologen. Das bedeutet, dass Kinder uns „alles nachmachen“, ob wir wollen oder nicht. Es gibt zwar in unseren Breiten Kinder, die weniger Kontakt brauchen und deren Kuschelbedürfnis nicht so ausgeprägt ist, wie bei vielen anderen Kindern. In Japan beispielsweise ist Berührung und Kuscheln nicht angesagt und wird von den Erwachsenen meist nicht vorgelebt. Woher aber kommt dann das Bedürfnis danach?

Umarmung tut gut

Man weiß mittlerweile, dass der Körper auf angenehme Berührung der Haut reagiert. Glückshormone ist das Zauberwort. Das sind sogenannte Botenstoffe, die der Körper bei Berührung ausschüttet und zu einem Wohlgefühl beitragen. Wir reden da natürlich über erwartete und gewollte Berührungen, die gut tun. Die meisten Kinder berühren andere mehrmals pro Tag, indem sie aktiv auf andere, die sie mögen zulaufen und sie in irgendeiner Form berühren. Sie wollen aufgehoben und wohin getragen werden, sie kuscheln sich an einen oder schmeißen sind nahezu auf einen drauf.

Die körperliche Nähe ist wichtig

Wir Menschen haben nicht nur Augen und Ohren, sondern verfügen über ein großes Spektrum an Sinneswahrnehmungen. Wir kennen das vermutlich alle, dass Vertrauen sich erst richtig aufbauen kann, wenn man Menschen tatsächlich begegnet. Möglicherweise gelingt es in ganz seltenen und speziellen Situationen, dass man auch ohne eines direkten Kontakts sein Gegenüber einzuschätzen vermag. Meistens jedoch braucht es die körperliche Nähe, um den Anderen in allen Facetten zu begreifen. Wie wir wissen, nehmen wir enorm viel mehr unbewusst wahr und speichern dies in uns. Das, was fassbar und bewusst erkannt wird, ist nur die oberste Spitze eine gigantischen Berges.

Wenig menschliche Berührung

Wenn aus den verschiedenen Gründen Nähe zu anderen Personen nicht oder sehr selten stattfindet, kann das verstörend wirken. Dabei ist zu unterscheiden, ob dies nur für eine bestimmte Zeit so ist oder von Dauer. Ein japanischer Kellner berichtete einmal in einem Interview dem Moderator eines Fernsehsenders, dass ihn seine Eltern nie zärtlich berührt hätten und Umarmungen wären einfach nicht üblich. Damit ist er allerdings in der japanischen Welt kein Exot, sondern ganz im Gegenteil. Und nicht nur in Japan, sondern generell im asiatischen Raum werden Berührungen und menschliche Nähe anderes erfahren und sozialisiert. Aber nur weil es nicht üblich ist, heißt das für besagten Interviewpartner nicht, dass es ihm egal wäre. Er sehnt sich nach Umarmung und Nähe und bekommt sie für Geld in einer Bar. Das mag sehr eigenartig für uns klingen und dennoch ist es dort nicht ungewöhnlich.

Sind andere Gründe und diese temporär dafür verantwortlich, dass man gerade zu wenig körperliche Nähe zu anderen Menschen hat, dann heißt es durchhalten und improvisieren. Wie, das soll jedem selber überlassen werden.